13 Reasons Why, 1. Staffel

Ich kann mir sehr gut vorstellen, wie sich die Macher noch heute täglich High-Fives für die grandiose Idee geben, mit einem Pflaster auf der Stirn des Protagonisten anzuzeigen, wann etwas JETZT spielt und wann es nur Erinnerung ist. Und mit der Haarlänge. Und mit einem Sepia-Filter.
Entweder hat jemand hier absolut null Vertrauen in sein eigenes Vermögen, eine Geschichte zu erzählen oder er hält seine Zuschauer einfach für extrem blöd, dass man ihnen pausenlos Hinweise geben muss. Das reißt mich zumindest sehr oft aus der Story anstatt mich tiefer eintauchen zu lassen.

Die Geschichte selbst ist halt auch eher so semi-ok. Klar, passieren der Figur Hannah einige extrem schlimme Dinge, aber das normale Mobbing, was so ein großes Thema in der Serie ist, rechtfertigt in meinen Augen die Tat nicht wirklich. Das ist dann doch das, was man in der Schulzeit halt wirklich oder teilweise auch nur eingebildet oder für sich selbst hochstilisiert erlebt. Aber womöglich ist das ja genau das, worauf die Serie hinweisen will und womöglich ist das durch die vorgegebenen Rollen in den US-Schulen extremer als in meiner Erinnerung an die deutsche Schulzeit. Kann das Gewese um die gefährlichste Serie aller Zeiten jedenfalls nicht so ohne weiteres nachvollziehen.

Das mit dem Pflaster fand ich viel weniger zum Haareraufen als zB den dramaturgischen Kniff, dass der Kerl so wahnsinnig lange braucht um sich diese Tapes anzuhören, und dann nach jedem einzelnen Tape einen riesigen Aufriss macht, ohne zu wissen wie es eigentlich weitergeht (ist in der Buchversion zB anders - da spielt das alles sinnvollerweise innerhalb einer Nacht).

Für "gefährlich" halte ich die Sendung an sich jetzt nicht unbedingt, kann aber durchaus verstehen, warum man ihr sehr kritisch gegenüber steht. Das Ganze steht und fällt meines Erachtens mit der Figur und Charakterisierung von Hanna, die ich grundsätzlich eher wenig gelungen finde. Klar, ihr wiederfahren teils schlimme Dinge - andere Probleme wirken aber bisweilen etwas konstruiert und selbst für einen Teenager exaggeriert.

Zumal wird hier unterschwellig suggeriert, dass durch einen Suizid endlich die so erwünschte Aufmerksamkeit auf einen fällt, und dass er eine grundsätzliche Lösung für die eigenen Probleme sein kann, was ich als Botschaft an sich nicht besonders gelungen erachte. Auch die Tatsache, dass als zentrales Element des gesamten Plots herhält, dass Hannah (mehr oder weniger öffentlich) mit dem Finger auf andere zeigt und die bloßstellt, halte ich für nicht zielführend, da die Geschichte eigentlich dieses Problem doch (versucht) präventiv aufzugreifen. Durch diese Gleichstellung von Hannah und ihren "Peinigern" nimmt sich das Ganze irgendwie in vielerlei Hinsicht seine eigene Berechtigung.

Ich hab beim Ansehen jedenfalls so oft mit dem Kopf schütteln müssen, aufgrund der zahlreichen unnachvollziehbaren Handlungen und Persönlichkeiten / Beziehungen der Figuren, dass mir zum Schluß hin fast die Lust vergangen ist das zu Ende zu sehen.

Du hast natürlich recht, die Zeit, die er mit den Tapes verschwendet ist unfassbar. Gerade in einer Zeit, in der man ganze Serien(staffeln) am Stück wegschaut und bei so einem gravierenden Thema ist das absolut nicht nachvollziehbar. Und wenn er nur jede Kassette kurz angespielt hätte, um "seine" zu finden. Aber da tagelang zu warten, immer nur wenige Minuten zu hören, etc. ist wirklich lächerlich, da wäre es ja naheliegender gewesen, ein paar "Tage" (für 6einhalb Kassetten?) blau zu hauen.

Und wie Du schreibst, der Charakter der Hannah ist zum einen sehr schwach und die Ausrede, dass "alle" an ihrem Tod Schuld wären ist schon sehr schwach. Viele der Betroffenen waren sich bis zum Hören der Tapes ja nicht mal bewusst, dass sie etwas damit zu tun haben könnten. Dass ein so relativ lebensfroher Mensch, der jetzt nicht wirklich ein Außenseiter ist, dann zum Suizid greift ist sicher nicht unmöglich, aber hat für mich einfach nicht gepasst.